Oberbrandrat (Ost) Manfred Schäfer (1990 – 1990)

Portrait

Manfred Schäfer

Zwischen den Zeiten

Manfred Schäfer ist der wohl kurioseste Leiter in der Geschichte der Berliner Feuerwehr. Er hatte die kürzeste Amtszeit eines Berliner Feuerwehr-Chefs. Er hatte als Oberbrandrat den niedrigsten Dienstgrad, den je ein Berliner Feuerwehr-Chef hatte und er hatte im Wesentlichen nur einen Auftrag: Seine Feuerwehr aufzulösen, genauer gesagt, an den einstigen Klassenfeind zu übergeben. Manfred Schäfer war aber auch der einzige Leiter der Ost-Berliner Feuerwehr zwischen 1948 und 1990, der von einer demokratisch gewählten Regierung eingesetzt worden ist.

Nachdem Ende der 1960er Jahre seine Karriere als Leistungssportler beendet ist, soll Schäfer im Zivilschutz der DDR tätig werden. Er studiert an der Technischen Hochschule in Magdeburg zunächst Elektrotechnik, dann Brandschutz. Als er fertig ist, wird er 1975 als Oberstleutnant Feuerwehrchef in der Volkspolizei-Inspektion Lichtenberg, später dann in Marzahn. Die Feuerwehr im Ostteil Berlins hat zu diesem Zeitpunkt große Nachwuchssorgen. Schäfer tut sich hier besonders in der engagierten und kreativen Nachwuchswerbung hervor. Auch sonst genießt Schäfer eher den Ruf eines Pragmatikers und weniger den eines Partei-Dogmatikers. Als die Mauer fällt und sich in der DDR große gesellschaftliche Umwälzungen abzeichnen, schöpfen Schäfer und einige andere junge Feuerwehr-Offiziere Hoffnungen auf Veränderungen bei der Feuerwehr, insbesondere auf Herauslösung aus der ungeliebten Volkspolizei. Als sie spüren, dass der Leiter der Abteilung "F" im VP-Präsidium, Oberst Meier, sich gegen solche Veränderungen stellt, proben sie einen kleinen „Aufstand“. Unter dem Druck seiner Offiziere gibt Meier schließlich nach und stellt sich einer Herauslösung aus der Polizei und auch einer sich langsam abzeichnenden  Zusammenführung mit der West-Berliner Feuerwehr nicht mehr in den Weg. Es hätte wohl auch keinen Sinn gehabt.

Auftrag Zusammenführung

Als Meier sich mit Ablauf Juni 1990 in den Ruhestand versetzen lässt, wird Oberbrandrat Schäfer am 1. Juli 1990 durch „Kaderbefehl“ des Präsidenten der Volkspolizei Berlin als Leiter der Brandschutzdirektion Berlin (BSD) offiziell eingeführt. Die Wahl fällt wohl auf Schäfer, weil dieser als politisch unbelastet gilt und das Vertrauen der Feuerwehr-Führungskräfte genießt. Schäfers Amtszeit ist von vornherein begrenzt. Sein Auftrag lautet, die neu gegründete BSD Ost passfähig zu machen für die Zusammenführung mit der West-Berliner Feuerwehr. Er verlegt seinen Dienstsitz aus dem Polizeipräsidium am Alexanderplatz in die Feuerwache Mitte. Im Traditionsraum der FW Mitte übergibt er am 3. Oktober 1990 in einer kleinen Feierstunde die BSD Ost mit 10 Berufsfeuerwachen und 1.112 Beschäftigten an den West-Berliner Landesbranddirektor. Damit ist nach nur drei Monaten seine Amtszeit als Leiter einer Feuerwehr vorbei.

Der Kreis schließt sich

Nach der Zusammenführung der beiden Feuerwehren müssen Schäfer und die anderen ehemaligen Offiziere aus dem Ostteil warten, bis ihre Überprüfung auf eine mögliche Mitarbeit beim Staatssicherheitsdienst der DDR abgeschlossen und ihre Ausbildungen anerkannt sind. Im Dezember 1991 übernimmt er die Leitung des Abschnitts West und wird zum Branddirektor befördert. Kurz vor seiner Pensionierung im Jahre 2000 wird Manfred Schäfer noch übergangsweise mit der Leitung der neu gegründeten Direktion Nord beauftragt. Sein Sitz ist nun wieder die Feuerwache Marzahn, wo er schon einmal zu DDR-Zeiten „Chef“ war. So schließt sich der Kreis. Manfred Schäfer verlebt heute seinen Ruhestand in einem Brandenburger Ort.